Das Kernformat von KogA sind modulare Bildungsprogramme, mit welchen wir berufliche Multiplikator_innen für historische und gegenwärtige Formen von Antiziganismus sensibilisieren und Handlungskompetenzen gegen die Diskriminierung von Sinti_ze und Rom_nja aufbauen. Die Programme enden bisher damit, dass die Teilnehmer_innen während des Abschlussmoduls Konzepte für eigene Praxisanwendungen vorstellen und gemeinsam reflektieren. Um mit unseren Alumni und deren Organisationen längerfristig zusammenzuarbeiten und darüber hinaus Akteur_innen aus weiteren Organisationen und Institutionen auf das Thema Antiziganismus aufmerksam zu machen, entwickeln wir zurzeit einen neuen, organisationssoziologisch-systemtheoretischen Ansatz mit dem Titel „Blind Spots“ (Blinde Flecken). Er soll einerseits darstellen und aufklären, wie systemische (organisationale, institutionelle, strukturelle) Diskriminierung entsteht und andererseits als „Türöffner“ für zukünftige Kooperationen dienen. Wir gehen dabei von folgenden Grundannahmen, organisationssoziologischen Erkenntnissen und Ansatzpunkten aus:

  1. Institutionen und Organisationen sind (soziologisch betrachtet) soziale Systeme. Sie arbeiten entlang einer spezifischen „systemischen Funktionslogik“.
  2. Soziale Systeme „wollen“ rechtskonform (Compliance) ihren Auftrag erfüllen. Rechtskonform bedeutet dabei auch, basierend auf dem Grundgesetz und den Landesverfassungen, grund- und menschrechtskonform.
  3. Diskriminierungsfreiheit in sozialen Systemen ist unwahrscheinlich, der Abbau von Diskriminierung aber möglich und notwendig.
  4. Blind Spots entstehen im Prozess der (Selbst-)Beobachtung, denn jede Beobachtung bedeutet zu unterscheiden. Indem etwas als nicht „bedeutsam“ erachtet bzw. gar nicht erst wahrgenommen und beobachtet wird, entstehen blinde Flecken. Wir gehen davon aus, dass antiziganistische Diskriminierung einen dieser Blind Spots darstellt.
  5. Das Entstehen und Fortbestehen von Blind Spots wird durch Faktoren wie mangelndes Wissen, fehlende Sensibilitat oder Prioritätensetzung befördert.
  6. Blind Spots und die sie fördernden Bedingungen erzeugen eine Wechselwirkung, die systemische Diskriminierung weiter erhalten und bestärken.
  7. Es braucht einen Ansatzpunkt, um die Zirkularität von Blind Spots und den sie fordernden Faktoren ansprechen zu können, ohne dass Organisationen/Institutionen „blockieren“ oder sich „angegriffen fühlen“.
  8. Dieser Ansatzpunkt kann die unter 2. beschriebene „positive Grundannahme“ zu Organisationen/Institutionen darstellen, verbunden mit der Erkenntnis, dass Blind Spots prinzipiell nicht vermeidbar, aber durch eine Perspektivänderung und Reflexion veränderbar sind und abgebaut werden können.